
Handball EM 2024 Live EHF EURO Frauen Nationalmannschaft Europameisterschaft Kommentar:
Handball EM 2024 Live EHF EURO Frauen Europameisterschaft: Die 16. Ausgabe der EHF EURO findet vom 28. November bis 15. Dezember 2024 in Österreich, Ungarn und der Schweiz statt.
Handball EM 2024 Live EHF EURO Frauen Europameisterschaft: Stagnation. Große Leistungslücke. Gaugisch auf dem Prüfstand für 2025 Heim-WM.
Die EHF EURO Frauen Europameisterschaft 2024 in der medialen SPORT4FINAL Analyse: Dabei ist unsere Messlatte die Benchmark von absoluter Weltspitze, Weltklasse sowie der High-Performance der besten Teams Europas mit dem nun 10-maligen Champion Norwegen an der Spitze. Über Qualität und Entwicklung des deutschen Teams.
Deutschlands Team- und individuelle Qualität sind weiterhin noch nicht auf der Zielgeraden für Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften. Mitnichten: Leistungs-Stagnation und eine wieder größer gewordene Leistungslücke sind zu konstatieren. Bundestrainer Markus Gaugisch vermittelte zudem an der Seitenlinie und in medialen Presserunden nicht den Eindruck, dass er das „Frauen-Flaggschiff“ auf Medaillenkurs bei der Heim-WM 2025 bringen kann.
Ein Kommentar in Thesen von SPORT4FINAL-Redakteur Frank Zepp.

20.12.2024 – VETOVOTES Deutschland / Frank Zepp:
Handball EM 2024 Live EHF EURO Frauen:
Blick Zurück
Wenn man die Erinnerung wach hält, sind Gegenwart und Zukunft besser einzuordnen. Im geteilten Deutschland sorgte vor allem die DDR für Erfolge im Frauen-Handball: Dreimal Weltmeister (1971, 1975, 1978) sowie Silber (1976) und Bronze (1980) bei Olympischen Spielen. Davon konnte die Alt-Bundesrepublik nur träumen: WM-Bronze 1965 war das einzige Edelmetall. Nach der Wiedervereinigung folgten der WM-Titel 1993, EM-Silber 1994 sowie dritte Plätze bei den Weltmeisterschaften 1997 und 2007. Seit 17 Jahren dauert nun schon die Durststrecke bei Medaillengewinnen.
Ergebnisse der Frauen seit 2013:
2013: WM Platz 7
2014: EURO Platz 10
2015: WM Platz 13
2016: EURO Platz 6
Olympia 2016: keine Teilnahme
2017: WM Platz 13
2018: EURO Platz 10
2019: WM Platz 8
2020: EURO Platz 7
Olympia 2021: keine Teilnahme
2021: WM Platz 7
2022: EURO Platz 7
2023: WM Platz 6
Olympia 2024: Platz 8
2024: EM Platz 7
Benchmark – Norwegen, Dänemark, Frankreich
Die Ergebnisse der letzten 15 Jahre definieren die absolute Weltspitze sowie die darin enthaltenen Top-Teams. Norwegen gewann mit dem nun scheidenen Erfolgscoach Thorir Hergeirsson in dieser Periode elf große Titel: 2010, 2014, 2016, 2020, 2022, 2024 die Europameisterschaft, 2011, 2015 und 2021 die Weltmeisterschaft sowie 2012 und 2024 die Olympischen Spiele. Auch Frankreich unter Olivier Krumbholz wurde in dieser Phase zweimal Weltmeister (2017, 2023), Europameister (2018) und Olympiasieger in Tokio 2021. Dänemark errang oftmals Medaillen bei großen Titelkämpfen. In der deutschen Mannschaft ist keine Verringerung des Leistungsrückstandes zu den Top 3 der Welt im Benchmark-Vergleich erkennbar.
Benchmark Vergleich Norwegen vs. Deutschland:
Norwegen Deutschland
Wurfeffizienz: 300/441 – 68 % 202/317 – 64 %
Torhüterinnen: 122/328 – 37 % 86/256 – 34 %
Steals: 43 26
Zeitstrafen: 28 23
Gegenstoß-Tore: 50/58 – 86 % 26/30 – 87 %
Beste Torschützinnen: Reistad 50/81 – 62 % Grijseels 27/43 – 63 %
Turnovers: 88 (9 Spiele) 81 (7 Spiele)
Deutschland (Auswahl):
Smits 15/21 – 71 % Wurfeffizienz TRF 17 261 Spielminuten
Engel 23/35 – 66 % Wurfeffizienz TRF 8 210 Spielminuten
Antl 18/24 – 75 % Wurfeffizienz TRF 4 120 Spielminuten
Grijseels 27/43 – 63 % Wurfeffizienz TRF 5 160 Spielminuten
Bölk 18/42 – 43 % Wurfeffizienz TRF 9 269 Spielminuten
Lott 15/23 – 65 % Wurfeffizienz TRF 9 122 Spielminuten
Hauf 17/21 – 81 % Wurfeffizienz TRF 1 234 Spielminuten
Maidhof 18/25 – 72 % Wurfeffizienz TRF 2 176 Spielminuten
Behrend 16/24 – 67 % Wurfeffizienz TRF 3 308 Spielminuten
Leuchter 10/19 – 53 % Wurfeffizienz TRF 6 61 Spielminuten
Behnke 15/19 – 79 % Wurfeffizienz TRF 4 252 Spielminuten
Filter 54/151 – 36 % Quote Siebenmeter 3/15 248 Spielminuten
Wachter 32/101 – 32 % Quote Siebenmeter 3/12 143 Spielminuten
Weltspitze
Deutschlands Frauen-Nationalmannschaft ist sowohl aus Ergebnissicht als auch in der sportlich-spielerischen Qualität der absoluten Weltspitze nicht näher gekommen. Im Gegenteil, die Top-Teams entwickeln sich in der Spielanlage schneller als die deutsche Mannschaft unter Bundestrainer Markus Gaugisch. Die hohen Niederlagen und vor allem die Art und Weise des Qualitätseinbruchs der DHB-Auswahl in den Spielen gegen die Niederlande, Dänemark und Norwegen bewiesen dies leider nur zu deutlich. Die Leistungslücke zu den Benchmark-Teams ist wieder größer geworden. Vier EURO-Spiele gegen leistungsmäßig schwächer einzuschätzende Mannschaften mit Ukraine, Island, Schweiz und Slowenien wurden sicher gewonnen.
Weltklasse
Deutschland fehlt seit vielen Jahren (vor allem nach dem Ende der sportlichen Karrieren von Grit Jurack, Clara Woltering und Susann Müller) qualitativ die Weltklasse im Team und individuell in der Entwicklung der Spielerinnen. Bis auf eine Ausnahme mit Xenia Smits. Obwohl es in Teilbereichen wie der Physis oder den Abwehrsystemen Verbesserungen gab. In anderen Teilbereichen – Wurf-Qualität und -Effizienz, Zweikampfverhalten, Wettkampfhärte sowie der Ausbildung kompletter Spielerinnen in Abwehr und Angriff – besitzen wir weiterhin viel Nachholbedarf.
Qualitätsfrage: Performance in Stagnation
Wer Leistungs-Konstanz über viele Jahre auf allerhöchstem Niveau abrufen kann (Parade-Beispiel ist hier Norwegen), der gehört dann wirklich zur absoluten Weltspitze. Aber dieses konstante Performance-Grund-Niveau wurde in den Benchmark-Spielen nicht abgerufen. Dies ist, auch wenn ich mich da wiederhole, immer noch eine Qualitäts-Frage in der deutschen Nationalmannschaft. Die Weiterentwicklung der Frauen-Nationalmannschaft befindet sich auch nach dem Wechsel auf dem Bundestrainer-Posten von Henk Groener zu Markus Gaugisch in einer Stagnationsphase. Benchmark-Spiele werden schwer zu gewinnen sein, wenn das Entwicklungstempo der DHB-Frauen nicht mehr Fahrt aufnimmt und endlich ein Quantensprung vollzogen wird.
Deckung und Gegenstoß
Es soll seit Jahren das erfolgreiche Grundprinzip der Mannschaft sein: Eine kompakte Deckung, gute Torhüterinnen-Leistung und ein temporeiches Umschalt- bzw. Gegenstoßspiel. Auch hier wurden gerade im Abwehrverhalten nicht mehr geglaubte Mängel in der Abstimmung und Aggressivität sichtbar.
Mentale Stärke
Dieses Grundproblem beherrscht auch seit vielen Titelkämpfen das deutsche Teamplay und wurde auch bei dieser EURO deutlich in den hoch wichtigen Benchmark-Matches. Nur über hohe individuelle Leistungsfähigkeit und daraus resultierende Erfolge kann man sich das „norwegische Siegergen“ erarbeiten. Obwohl fast alle Spielerinnen aus Gaugischs EM-Stamm-/Startformation in Champions-League-Vereinen stark gefordert werden und teilweise auch sehr erfolgreich sind, funktioniert der „mentale Transport“ in die Nationalmannschaft nicht.
Komplette und Führungs-Spielerinnen
Xenia Smits – sie verkörpert als immer noch einzige deutsche Spielerin das Prädikat Weltklasse und ist die deutsche Ausnahmekönnerin, die in Abwehr und Angriff Höchstleistungen anbietet und unersetzbar für die deutsche Mannschaft ist. Nur Smits (beste Verteidigerin) und Nina Engel (junge Spielerin) standen auf der Kandidatenliste für das All-Star-Team der Europameisterschaft 2024.
Die überwiegend inkonstanten Leistungen des deutschen Teams hängten auch ursächlich mit den durchschnittlichen bis schwachen Darbietungen der Führungsspielerinnen / Kapitäninnen Alina Grijseels und Emily Bölk zusammen. Grijseels schaffte es seit ihrem internationalen Durchbruch bei der EHF EURO 2022 nicht mehr, an ihre damals sehr guten Leistungen anzuknüpfen. Als Spielmacherin gefiel mir anno 2024 Annika Lott wesentlich besser.
Noch schwieriger sieht die Leistungsentwicklung von Emily Bölk aus: Die seit Jahren von den deutschen Sportmedien prognostizierte Entwicklung von Emily Bölk (26 Jahre) zur Weltklasse-Athletin ist bislang nicht erfolgt. Sie stagniert in ihrer Entwicklung in der Nationalmannschaft – siehe Benchmark-Vergleich mit Henny Reistad. Bölks Wurfquote im EURO-Turnier 2022 lag bei 55 Prozent. Bei der Handball WM 2023 sogar nur bei 45 Prozent und 20 erzielten Toren. In diesem Jahr sah es noch schlechter aus – 18/42 Treffer bei 43 Prozent Wurfeffizienz in 269 Spielminuten. In den Benchmark-Spielen ist sie weder in der Lage, das Team mit Leistung zu führen noch mit einer anständigen Wurfeffizienz (ab 60 Prozent beginnt der Qualitätsbereich für Rückraum-Spielerinnen) zu glänzen.
Markus Gaugisch
Seit meiner Live-Berichterstattung aus Wien gehe ich mit folgendem Gedanken „schwanger“: Ist Bundestrainer Markus Gaugisch, dessen Vertrag bis zum 30. Juni 2026 läuft, der richtige „Steuermann“ für die Erringung der lange ersehnten Medaille im deutschen Frauen-Handball? Mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris 2024 erfüllte er ein wichtiges DHB-Ziel, auch wenn das Viertelfinale nur mit Ach und Krach erreicht wurde und die qualitativen Leistungen der Mannschaft nicht sehr überzeugten. Dieser Abwärtstrend bzw. die Stagnation in der Team-Leistungsentwicklung lassen mich daran zweifeln, dass er den notwendigen Quantensprung in den elf Monaten bis zur Weltmeisterschaft in Deutschland und den Niederlanden hinbekommt. Neue Impulse durch einen neuen Trainer könnten manche sportliche Fesseln lösen.
Handball WM 2025 in Deutschland und Niederlande
Der sportliche Auftritt der deutschen Frauen-Handballnationalmannschaft löste keine WM-Euphorie aus. Zu viele handballerische und strukturelle sowie TV-Baustellen (Rechte bei SportdeutschlandTV) sind aktuell vorhanden, um sehr optimistisch an das DHB-Ziel WM-Halbfinale zu denken. Erinnern wir uns: Deutschland fehlte bei der Handball WM 2019 in Japan im WM-Hauptrundenspiel gegen Serbien (28:29) nur ein Punkt (Treffer, der durch einen Strafwurf eine Sekunde vor Schluss verloren ging), um ins Semifinale einzuziehen. Für die DHB-Auswahl standen im Spielberichtsbogen u.a. Bölk, Behnke, Grijseels und Behrend. Bei der Heim-WM 2025 werden in der deutschen Turnierhälfte Europameister Norwegen und der EM-Fünfte Schweden stehen. Also auch kein leichtes Unterfangen für Team Deutschland, um ins Halbfinale nach Rotterdam fahren zu können.
Handball EM 2024: Henny Reistad im Video Interview
Handball EM: Deutschland in Stagnation. Trainerfrage vor Heim-WM ?
EM 2024 Deutschland DHB Abschluss-Pressekonferenz
EM 2024: Norwegen im Halbfinale nach Sieg über Deutschland
Handball EM 2024 Hauptrunde: Dänemark schlug Deutschland klar
Niederlande mit Kantersieg über Deutschland. DHB-Team mit krassem Leistungsabfall
Alle Jahre wieder – die Medaillen-Frage
Kommentar Handball WM 2023: Deutschland (noch) keine Medaillen-Reife
Benchmark-Vergleich Emily Bölk mit Henny Reistad
VETOVOTES: Politik Geschichte Sport Media Handball
Das EM-Aufgebot der Frauen-Nationalmannschaft:
Tor: Katharina Filter (Brest Bretagne Handball/FRA), Sarah Wachter (Borussia Dortmund)
Feld: Jenny Behrend (HB Ludwigsburg), Viola Leuchter (HB Ludwigsburg), Julia Maidhof (SCM Ramnicu Valcea/ROU), Nina Engel (HSG Bensheim/Auerbach Flames), Alina Grijseels (CSM Bukarest/ROU), Annika Lott (Brest Bretagne Handball/FRA), Mareike Thomaier (HB Ludwigsburg), Xenia Smits (HB Ludwigsburg), Emily Bölk (Ferencvaros Budapest/HUN), Antje Döll (HB Ludwigsburg), Alexia Hauf (HSG Blomberg-Lippe), Lisa Antl (Borussia Dortmund), Julia Behnke (TuS Metzingen), Jolina Huhnstock (Buxtehuder SV), Dana Bleckmann (Borussia Dortmund).